Die Arbeit des jüdischen Museums ist unabhängig von den verschiedenen jüdischen Gemeinden, die es heute wieder in Czernowitz gibt, aber es finden verschiedene Formen der Zusammenarbeit statt. Des Weiteren kooperiert das Museum mit der Stadt Czernowitz und mit einzelnen Organisationen und Initiativen, wie beispielsweise der ukrainisch-deutschen Kulturgesellschaft ‚Zentrum Gedankendach‘ an der Jurij-Fedkovyč-Universität. Jedoch erhält das Museum keinerlei staatliche Förderung, so dass die Aktivitäten einer hohen kurzfristigen und langfristigen Planungsunsicherheit unterliegen. Auf der anderen Seite ermöglicht dies der Einrichtung aber auch Freiheiten, da es keinen Förderrichtlinien untersteht.

Das Museum bietet einen Überblick über die Geschichte des Judentums in der Bukowina und der jüdischen Gemeinde in Czernowitz zwischen 1774 und 1941. Die Exponate der Dauerausstellung, unter denen es einzigartige Dokumente aus der Region sowie authentische Gegenstände des jüdischen Alltags und der religiösen Praxis gibt, gewähren einen Einblick in die jüdische Lebenswelt. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich in zwei Räumen die Dauerausstellung, für die es neben Führungen auch Audioguides für die Besucher*innen gibt (in den Sprachen Ukrainisch, Russisch, Englisch, Deutsch und Hebräisch). Vermittelt wird vor allem ein Eindruck in die Atmosphäre des jüdischen Lebens in der Bukowina zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Neben der Dauerausstellung gibt es zudem verschiedene Wechselausstellungen sowie ein Sammlungsbestand des Museums mit zahlreichen Audio-, Foto- und Videoaufnahmen und verschiedenen Forschungspublikationen zum jüdischen Leben in der Region.

Im Treppenhaus des Gebäudes (das ehemalige Jüdische Haus, in dem das Museum heute untergebracht ist, wurde 1908 erbaut) sind noch Spuren aus der Zeit der Sowjetunion zu sehen, in der durch Umwidmung und Zerstörung ethnischer Symbole der Versuch unternommen wurde, alles Nichtsowjetische zu beseitigen. Am Treppengelände des Gebäudes wurden daher die Zacken der Davidsterne abgeschlagen – die meisten sind inzwischen wieder restauriert, einzelne werden jedoch aus Gründen der Erinnerungskultur im zerstörten Zustand belassen und bieten ein eindrucksvolles Zeugnis der Minderheitenpolitik in der Sowjetzeit. Ähnliche Geschichten der Umwidmung und Zerstörung sind in ganz Czernowitz zu finden. Von den ehemals 57 Synagogen vor der dem Zweiten Weltkrieg gibt es heute nur noch zwei (darunter die Beit Tefilla Benjamin Synagoge, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb war). Der alte jüdische Friedhof wurde aufgelöst; andere Gebäude sind umfunktioniert worden, wie beispielsweise das jetzige Kino in der vul. Universytets’ka 10, das früher eine Synagoge war und deshalb heute im Volksmund ‚Cinemagoge‘ genannt wird. Die jüdische Gemeinde in Czernowitz hatte dementsprechend auch erst in den 1990er-Jahren nach dem Ende der Sowjetunion die Erlaubnis erhalten, einige Räume in dem ehemaligen Jüdischen Nationalhaus zu nutzen, bis 2008 die Gründung des jüdischen Museums erfolgte. Die Eröffnung fiel mit zwei Jubiläen zusammen – der ersten schriftlichen Erwähnung der Stadt Czernowitz vor 600 Jahren und dem hundertjährigen Jubiläum der jiddischen Sprachkonferenz.

Heute stammt knapp die Hälfte der Besucher*innen des Museums aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland, Österreich, Rumänien, Israel, aber auch aus anderen Teilen der Welt. Häufig sind die Besucher*innen auf Spurensuche ihrer Vorfahren in der Ukraine, da vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg ein Großteil der jüdischen Bevölkerung in die ganze Welt emigrierten. Besonders in den Monaten Mai bis September überwiegen die ausländischen Besucher*innen; in den Wintermonaten ist es vor allem ukrainisches Publikum, das das Museum besucht. Interessant sei es jedoch, so die Beobachtung des Museumsleiters Mykola Kuschnir, dass das jüdische Erbe von Czernowitz für westliche Länder von größerer Bedeutung und weitaus bekannter sei, als für die Ukrainer*innen selber, was sich in erster Linie durch die großen Auswanderungsbewegungen der jüdischen Bevölkerung aus der Bukowina erklären lasse. Das Museum möchte daher ein Ort sein, an dem die fast verschwundene jüdische Kultur wieder entdeckt werden kann. Es möchte aber auch eine Plattform sein zur Förderung der Vernetzung verschiedener jüdischer und nichtjüdischer Organisationen auf der ganzen Welt und zur Erforschung des jüdischen Lebens in der Bukowina.

Text: Kirsten Heyerhoff

Öffnungszeiten:

Di – Fr: 10:00 – 17:00 Uhr

Sa: 10:00 – 14:00 Uhr

So: 10:00 – 13:00 Uhr

Materialien:

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    Orte

    Museum der jüdischen Geschichte und Kultur der Bukowina

    Museum der jüdischen Geschichte und Kultur der Bukowina

    Museum der jüdischen Geschichte und Kultur der Bukowina (Eingang)

    Museum der jüdischen Geschichte und Kultur der Bukowina (Eingang)
    Foto: Markus Winkler (2016)