Die Grenzen zu universitären Kräften waren fließend und die Lehrkräfte kamen auch aus den Bereichen von Kultur und Wissenschaft. Am Czernowitzer Obergymnasium unterrichteten auch mehrere rumänische Professoren Rumänisch und orthodoxe Religion, aber auch Geschichte, Geographie und Latein. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der Schüler am Gymnasium erheblich zu und es wurde trotz der deutschen Unterrichtssprache auch von Schülern anderer Nationalitäten und Konfessionen besucht. Um 1900 gab es fast 1.000 Schüler, mehrheitlich deutschsprachig mit mosaischer Konfession. 1898/99 wurde im Staatsgymnasium die erste rumänische Parallelklasse eingerichtet (im Schuljahr 1900/01 bestanden bereits drei rumänische Parallelgruppen). Ein ministerieller Beschluss vom 1. April 1901 sah dann die Gründung einer deutsch-rumänischen Abteilung in Czernowitz vor, die zwischen 1901 und 1906 an diesem I. Staatsgymnasium bestand. Dennoch verringerte sich dann die Zahl der rumänischen und ukrainischen Schüler, da in Czernowitz zwei neue Gymnasien mit (teilweise) Unterricht in rumänischer und ukrainischer Sprache gegründet worden waren. Das I. Staatsgymnasium entwickelte sich zur bedeutendsten Mittelschule des ganzen Kronlandes: Von 1808 bis 1908 besuchten 11.191 Schüler diese Einrichtung, wovon 3.824 (ca. 34%) die Matura erfolgreich ablegen konnten. Im Zeitraum von 1849 bis 1908 bestanden 2.536 Absolventen die Maturitätsprüfung, von denen anschließend 40% Jura, 18% Medizin, 15% Theologie, 14% Philosophie und 4% technische Fächer studierten. Nach der Eingliederung der Bukowina in Rumänien 1918/19 wurde das gymnasiale Schulwesen in Czernowitz modifiziert und Rumänen, Deutsche, Juden, Ukrainer und Polen erhielten nationale Lyzeen. Das I. Staatsgymnasium wurde geteilt und der Unterricht für Juden und Deutsche in selbständigen Lyzeen fortgesetzt. 1919 wurde im Gebäude des nunmehr ehemaligen I. Staatsgymnasiums das Lyzeum „Aron Pumnul“ mit rumänischer Unterrichtssprache eröffnet.

Einer der bekanntesten Absolventen der Schule war der Schriftsteller Karl Emil Franzos im Jahr 1867. Auch der rumänische Nationaldichter Mihai Eminesu besuchte die Schule von 1860 bis 1863. An beide Persönlichkeiten erinnern Gedenktafel an dem Gebäude. Auch der Naturwissenschafter Constantin Hormuzaki absolvierte das Gymnasium 1881 mit einem ausgezeichneten Abschluss.

Text: Constantin Ungureanu und Markus Winkler

Materialien:

  • Constantin Ungureanu: Mittelschulen und höhere Lehranstalten in der Bukowina vor 1918. In: Markus Winkler (Hg.): Partizipation und Exklusion. Zur Habsburger Prägung von Sprache und Bildung in der Bukowina 1848 – 1918 – 1940 (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas e. V. an der Ludwig-Maximilians-Universität München (IKGS), 132). Regensburg 2015, S. 115–128.
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    k.k. I. Staatsgymnasium

    k.k. I. Staatsgymnasium
    Foto: Markus Winkler (2016)