Erst 1935, nachdem sich die Gesellschaft für rumänische Kultur und Literatur im Prozess um das Grundstück gegen die Czernowitzer Universität vor Gericht durchgesetzt hatte, wurden die Pläne zum Bau eines eigenen Gebäudes wieder aufgenommen. Mit dem Plan des neuen Kulturpalastes wurde der bekannteste rumänische Architekt der Moderne Horia Creangă (1892-1943) beauftragt, der in Bukarest das Versicherungsgebäude ARO (Asigurarea Romaneasca) entworfen hatte. Da die Gesellschaft aber nicht die notwendige Summe in Höhe von 100.000 Lei aufbringen konnte, wandte sich ihr Präsident Grigore Nandriș an den orthodoxen Religionsfonds der Bukowina bzw. an deren Metropoliten Visarion (Victor) Puiu. Die beiden Einrichtungen einigten sich darauf, den rumänischen Kulturpalast gemeinsam zu nutzen.

Am 4. Juli 1937 wurde der Bauplatz eingeweiht, was mit großen Feierlichkeiten begleitet wurde und am 26. Oktober 1937 der Grundstein gelegt. Im Frühjahr 1938 stand der erste von fünf Stockwerken, Anfang 1940 wurde der Bau abgeschlossen. Allerdings wurde nur ein zentrales Gebäude aus dem ursprünglichen Plan Creangăs realisiert. Das U-förmige Gebäude des rumänischen Kulturpalastes bestand aus einem Kulturteil, der der rumänischen Gesellschaft für Kultur und Literatur gehörte, und einem Verwaltungsteil, in dem der orthodoxe Religionsfonds residierte. Im Erdgeschoss des Kulturteils befand sich ein großer Konzertsaal, im ersten Stock gab es einen Sitzungs- und einen Lesesaal. Das dritte und das vierte Stock beherbergten eine Bibliothek und einen Lesesaal sowie Arbeitsräume. Der orthodoxe Religionsfonds besaß ein Restaurant, ein Hotel und einen Laden. Auf dem Dach gab es eine Terrasse, von der man einen weiten Blick über die Stadt hatte.

Da das Gebäude des Palastes den kompletten Platz überragte, entschieden rumänische Behörden den Platz auszuheben und so das Theatergebäude hervortreten zu lassen. Der rumänische Kulturpalast (Palatul Culturii) avancierte in der Spätphase der Zwischenkriegszeit zu einem herausragenden Symbol der rumänischen Macht. Er hob sich architektonisch von den anderen Gebäuden auf dem Piaţa Vasile Alecsandri (ehemaliger Theaterplatz) ab, insbesondere von dem Nachbargebäude, dem neobarocken Jüdischen Haus (erbaut 1908), der Handel- und Gewerbekammer und dem Theatergebäude. Bis die 1930er-Jahre bestand zu dem etwas entfernt gelegenen Israelitischen Tempel mit seiner runden Kuppel eine freie Sichtachse. Mit dem Bau des großen Kulturpalastes änderte sich diese Perspektive.

Am 28. Juni 1940 besetzte die sowjetische Armee die Stadt und übernahm das Gebäude. Nach Kriegsbeginn erreicht am 6. Juli 1941 das deutsche Sonderkommando 10b zusammen mit der 3. Rumänischen Armee Czernowitz. Sie besetzten das Gebäude und verhörten dort die ersten verhafteten jüdischen Mitbürger der Stadt, darunter den Oberrabbiner der Stadt Abraham Mark.

Am 1. November 1942 besuchte der König Mihai mit seiner Mutter Elena sowie dem stellvertretenden Regierungschef Rumäniens Mihai Antonescu Czernowitz. Sie hielten sich u.a. im rumänischen Kulturpalast auf. Nach der Befreiung von Czernowitz durch die sowjetischen Truppen am 28. März 1944 wurde der Palast als Offiziershaus genutzt. Heute befinden sich im Gebäude unterschiedliche Einrichtungen, u.a. ein Konzertraum.

Text: Kateryna Stetsevych

Materialien:

  • Orte

    Orte

    Ehemaliger Rumänischer Kulturpalast (Palatul Culturii)

    Ehemaliger Rumänischer Kulturpalast (Palatul Culturii)
    Foto: Markus Winkler (2016)