Ursprünglich sollte Franz Gärtner aus Olmütz den Posten übernehmen, der vom Czernowitzer Stadtmagistrat „zum Pachtdirektor aus der Offertliste auserkoren“ worden war (Czernowitzer Allgemeine Zeitung, 29. Mai 1918, S. 3), doch musste dieser davon zurücktreten, da ihn die Stadt Teschen (poln. Cieszyn) nicht freigab. Der Vertrag mit Guttmann, der zu diesem Zeitpunkt noch als stellvertretender Direktor des Theaters an der Wien agierte, sollte über drei Jahre laufen. Am 1. Juni 1918 telegrafierte Guttmann nach Czernowitz: „Verleihung der Direktion freudigst zur Kenntnis genommen. Engagementverhandlungen und Verhandlungen für Nächstsaison bereits begonnen“ (Czernowitzer Allgemeine Zeitung, 2. Juni 1918, S. 5). Auf seine Ambitionen angesprochen, äußerte sich Guttmann in einem Gespräch wie folgt: „Ich habe die redliche Absicht, aus dem dortigen Theater, das genau nach dem Muster des Deutschen Volkstheaters gebaut ist, nur natürlich viel kleiner, nicht bloß eine gute Provinzbühne, sondern ein kleines Residenztheater zu machen“ (Czernowitzer Allgemeine Zeitung, 10. Juni 1918, S. 3-4). Seine erste Saison am Czernowitzer Stadttheater begann am 13. September 1918.
Allerdings standen seine Arbeit und seine Zeit als Theaterdirektor in Czernowitz unter keinem guten Stern. Im Mai 1919 wurde die Theatersaison nach einem Streik des deutschsprachigen Ensembles vorzeitig beendet. Anlass war die Nichterfüllung von Gagenforderungen der Schauspielerinnen und Schauspieler, was Guttmann auch in einem Flugblatt kundtat (Czernowitzer Morgenblatt, 2. Mai 1919). Die schwerwiegendste Beeinträchtigung des Theaterbetriebs ereignete sich im September 1919, als das Ensemble unter der Direktion Guttmanns wegen Einreisebestimmungen erst verspätet aus Wien anreisen konnte, ihm kurz darauf das Aufenthaltsrecht aberkannt wurde und er zwischenzeitlich das Land verlassen musste. Guttmann war mit seinem siebzigköpfigen Ensemble am 22. September 1919 zwar nach Rumänien eingereist, doch wurden er und das gesamte Ensemble am folgenden Tag aus Czernowitz mit der Begründung abgeschoben, es handele sich ausschließlich um deutsch-österreichische Staatsangehörige und daher um gegenwärtige Kriegsgegner (Czernowitzer Allgemeine Zeitung, 25. September 1919, S. 1). Nach langwierigen Verhandlungen konnte Guttmann die Theatersaison in Czernowitz erst am 30. November 1919 eröffnen (Czernowitzer Morgenblatt, 2. Dezember 1919, S. 3). Im Frühjahr 1920 begann die Czernowitzer Allgemeine Zeitung sich für einen Wechsel auf dem Posten des Theaterdirektors einzusetzen und forcierte durch ihre Beiträge die Absetzung Guttmanns. Ihm folgte im Mai 1920 Wilhelm Popp nach (Czernowitzer Allgemeine Zeitung, 29. Juni 1920, S. 2).
Guttmann ging in den folgenden Jahren noch auf Gastspielreisen, trat aber ansonsten nicht mehr häufig auf. 1934 spielte er noch eine kleine Rolle in dem Film „Ein Stern fällt vom Himmel“ mit Joseph Schmidt. Ab 1938 verlor Guttmann nach dem Anschluss Österreichs als jüdischer Künstler nahezu alle Rechte. Nachdem er am 28. November 1941 in das Ghetto von Minsk deportiert worden war, kam er dort vermutlich 1942 ums Leben.
Text: Markus Winkler