Das ehemalige Sparkassengebäude wurde von den Einwohnern „Czernowitzer Olymp“ getauft. Der Grund hierfür ist das riesige Mosaikbild an der Außenfassade der Frontseite, das zwölf antike Gottheiten zeigt. Es wurde 1904 von dem österreichischen Maler Josef Adolf Lang mit Keramiktafeln aus der ungarischen Zsolnay-Manufaktur geschaffen. Die allegorische Darstellung stellt die Aufnahme der Bukowina in den habsburgischen Volksverbund dar, wobei die zwölf Götter die Provinzen Zisleithaniens, dem Gebiet Österreich-Ungarns, das alle von der österreichischen Krone regierten Kronländer umfasst, symbolisieren. Mit seinen zwei großen Flügeln lenkt Zeus, der Oberösterreich repräsentiert, den Blick des Betrachters auf sich. Er hält ein Schwert und einen Eichenkranz als Symbole des Sieges in den Händen. Hera, welche stellvertretend für die habsburgische Hauptstadt Wien steht, trägt das Bukowinische Wappen mit dem Auerochsenkopf an ihrer Kleidung und verdeutlicht so die Tatsache, dass die Bukowina, hier dargestellt als junger Mann im Ziegenfell, nun ein Teil der Monarchie ist.
Neben dem Mosaik ist die äußere Gestaltung des Gebäudes von einer klaren Symmetrie geprägt. So rahmen zwei Adler, die das Habsburger Reich repräsentieren, den zweiflügeligen Eingangsbereich. Dieser ist mit floralen Motiven und horizontalen Einsätzen in Bienenform geschmückt. Die zwei Statuen auf dem Dach stellen die Göttin der Fruchtbarkeit Demeter und die Prophetin des Schicksals Klotho dar. Des Weiteren zieren feinstilisierten Blumen- und Blätterornamente die Außenfassade und das Balkongeländer. Nicht minder beeindruckend ist der Innenbereich des renovierten Jugendstilhauses. Dieser besticht durch das im Original erhaltene großzügige Treppenhaus und dem Vestibül, die Stuckdecke im Stil der Wiener Barockzeit, die dem gebürtigen Bukowiner Künstler Mykola Iwasjuk zugeschrieben wird sowie klassizistischen Säulen, welche die Stabilität des Bauwerkes betonen. Am Treppenaufgang im ersten Stock befinden sich die Büsten der römischen Götter Merkur und Minerva. Für den Jugendstil typische Buntglasfenster -eines zeigt das ehemalige bukowinische Wappen- runden das architektonische Gesamtkunstwerk ab.
Seit seiner Gründung im Jahr 1988 ist das Czernowitzer Kunstmuseum im ehemaligen Sparkassengebäude untergebracht. Die auf drei Ebenen aufbereitete Kunstsammlung zählt zu den größten und bedeutendsten Kunstinstitutionen in der Bukowina. In Dauer- und Sonderausstellungen werden circa 10.000 Exponate der Malerei, Fotografie und Grafik regionaler und nationaler Künstler sowie traditionelle ukrainische Trachten, Handwerk und Schmuck aus dem 17. bis 20. Jahrhundert präsentiert. Als ein Herzstück gilt die Sammlung von mehr als 3.000 bukowinischen und huzulischen Ostereiern. Der Großteil der Kunstwerke wurde vom Ethnografischen Museum in Czernowitz zur Verfügung gestellt. Auf Forschungsreisen und Kunstexpeditionen gefundene Kunst sowie Schenkungen von Künstlern und Mäzenen ergänzen die Sammlung, die sich seit dem Beginn ihres Bestehens nahezu verdoppelt hat. Außer dem Kunstmuseum beherbergt das Gebäude noch ein Buch- und Souvenirladen sowie eine Touristeninformation. Darüber hinaus gibt es ein Café, in welchem im Wiener Kaffeehausstil Kuchenvariationen und Kaffee serviert werden.
Text: Daniela Gast