Alexander Schlamp

Zeitzeugen-Interview

Der folgende Beitrag ist eine Zusammenfassung des Interviews mit Alexander Schlamp, dem Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Czernowitz (seit Oktober 2017) und Leiter des Deutschen Hauses.

Alexander Schlamp arbeitet hauptberuflich für einen Zulieferbetrieb der Automobilbranche und ist Geschäftsführer einer Firma in Czernowitz (Tscherniwz)i. Er studierte in Czernowitz theoretische Physik und anschließend Management und Wirtschaft in Kiew. Er gilt als wichtiger Vertreter der deutschen Minderheit in der Ukraine. Neben seinem Arbeitsalltag engagiert er sich ehrenamtlich für das Deutsche Haus und leitet dieses als Vorsitzender des Verbandes der österreichischen-deutschen Kultur (früher Verband der Deutschen in der Bukowina). Während des Interviews betont Alexander Schlamp, dass das Deutsche Haus nicht nur für die deutsche Bevölkerung in der Bukowina oder für Menschen mit deutschen Wurzeln, sondern für alle offenstehe, die sich für die deutsche Kultur interessieren.

Das Deutsche Haus, das 1910 erbaut wurde, galt bis 1940 als Veranstaltungs- bzw. Begegnungsort, als ein Ort der Vernetzung, so Schlamp. Die Jahre bis 1940 bezeichnet er als Blütezeit für die Repräsentation der deutschen Kultur in Czernowitz.

Nach der Wende seien die Menschen mit deutschen Wurzeln besonders bemüht gewesen, die deutsche Kultur in Czernowitz präsent zu machen. In den Jahren 2000 bis 2010 wurde versucht, durch verschiedene Aktivitäten die deutsche Bevölkerung zu vereinen. Hauptziel des Deutschen Hauses war es, von der deutschen Bevölkerung wahrgenommen zu werden und dass diese weiß, „dass es jemanden gibt, der ihnen hilft und sie unterstützt.“ Sie sollten ebenfalls keine Furcht davor haben, sich in der Öffentlichkeit als Deutsche zu bekennen. Zur sowjetischen Zeit, wurde das deutsche Haus nicht als solches geführt.

Schlamp erzählt, dass die Stadt Czernowitz Eigentümer des Deutschen Hauses ist und dieses zur kostenlosen Nutzung anbietet. Mietkosten fallen daher nicht an, lediglich die Betriebskosten müssten gedeckt werden. Das Deutsche Haus kann für jegliche Projekte, Literaturlesungen, Theateraufführungen und verschiedene Feste genutzt werden und es steht für alle Czernowitzer offen, egal welcher Nationalität sie angehören. Das Deutsche Haus kooperiere auch mit anderen Nationalhäusern, wie z.B. mit dem Polnischen Haus. Es habe in der Vergangenheit verschiedene gemeinsame Projekte gegeben.

Schlamp betont die Wichtigkeit des Deutschen Hauses in seiner Heimatstadt und sagt, dass das Deutsche Haus sowohl die deutsche als auch die ukrainische Mentalität verstehe und somit auch als Brücke zwischen der Ukraine und Deutschland betrachtet werden könne. Auch sei die deutsche Gemeinde für die Wirtschaft der Stadt sehr nützlich.

Wer sich für das Deutsche Haus interessiert, kann sich auch über soziale Medien wie z.B. Facebook informieren. Das Deutsche Haus bietet darüber hinaus auch Deutschkurse an, die für die Bevölkerung deutscher Abstammung kostenlos sind und für alle anderen ca. 20 € pro Semester kostet. Die Kurse sind voll ausgelastet. Neben Deutschkursen engagiert sich das Deutsche Haus auch für die ältere Generation, deren Lebenssituation sich seit 2014 verschlechtert habe. Es werden Spendensammlungen organisiert und wichtige Medikamente gesponsert.

Das größte Event ist das Festival der deutschen Kultur, das alle zwei Jahre in Czernowitz stattfindet. 2017 wird erstmalig das internationale Jugendtheaterfestival stattfinden. Leider gebe es noch zu wenige Kulturinteressierte, so Schlamp. Aber die wenigen, die es gibt, geben die Richtung vor, wohin sich die Stadt entwickeln soll. Sie haben Visionen darüber was gemacht werden muss, sowohl im Kulturbereich als auch in der städtischen Entwicklung.

Das Gespräch mit Alexander Schlamp wurde am 11. Mai 2017 im Deutschen Haus in Czernowitz von Veronika Hilbertová und Patricia Rodriguez auf Deutsch geführt. 

Foto: Markus Winkler