1877 habilitierte er sich und wurde Privatdozent für klassische Philologie. Ab 1879 war er außerordentlicher Professor dieses Faches an der damals noch nicht geteilten Universität Prag. 1882 wurde er als Ordinarius für klassische Philologie an die Universität Czernowitz berufen, wo er im Studienjahr 1891/92 als Dekan amtierte. Zum Jahreswechsel 1892 ereilten ihn mehrere Schicksalsschläge: seine kleine Tochter und seine Frau Therese (geb. Hirschfeld), die kurz zuvor eine Todgeburt erlitten hatte, verstarben. Am 25. Mai 1893 verlobte er sich mit der Rosa Gall (verwitwete Sokal und Tochter von Jacob Gall, Kommerzial- und Staatseisenbahnrats) in Lemberg.
Hilberg war ein aufgeklärter Jude, der die Interessen der jüdischen Nationalbewegung unterstützte. Als Dekan besuchte er 1891 die Gründungsveranstaltung der jüdisch-nationalen akademischen Verbindung „Hasmonäa“ in Czernowitz: „Er nahm in der Mitte der Ehrentafel Platz, worauf der Festkommers mit dem ,Gaudeamus‘ eröffnet wurde. […] Es herrschte allgemeine Stille und vollste Aufmerksamkeit, als dieser [Hilberg] seine Rede mit folgenden Worten begann: ,Wenn ich nicht als Dekan der philosophischen Fakultät gekommen wäre, dann wäre ich als Jude gekommen.‘ Prof. Dr. Hilberg war ein glänzender Sprecher. Mit Stolz sprach er von Judesein und seiner Abstammung mütterlicherseits vom bekannten hebräischen Schriftsteller Dr. Isak Erter. Seine Rede schloss mit folgenden bedeutsamen Worten: ,Möge die Zeit kommen, in welcher Verbindungen wie die ,Hasmonäa‘ ihre Existenzberechtigung verlieren.‘ Dieser Satz war nur so zu verstehen, dass er meinte, die Verbindung sei als Reaktion gegen die nicht vollkommene Gleichberechtigung und die mindere Einschätzung des Judentums und des jüdischen Volkes in der christlichen Welt gegründet worden.“ (König, 113f.)
Am 25. Juni 1897 fand die Wahl des Rector magnificus statt, die Isidor Hilberg für sich entscheiden konnte. Nach seiner Inauguration am 4. Oktober 1897 amtierte er für ein Jahr als Rektor der Universität. Für Hilberg sind mehrere Wohnadressen für seine Zeit in Czernowitz belegt: Hourmuzaki 6, Sterngasse 2 und Herrengasse 16. Hilberg wirkte bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Czernowitz – wo ihm 30. Oktober 1913 durch den Kaiser der Titel eines Hofrats verliehen worden war –, und zog dann wieder nach Wien, wo er am 28. Oktober 1919 starb und auf dem Zentralfriedhof bestattet wurde.
Text: Markus Winkler
Werke:
- Eusthatii Macrembolitæ Protonobilissimi de Hysmines et Hysminiæ Amoribus Libri xi. Wien 1876
- Epistula Critica ad Joannem Vahlenum de Nonnullis Scriptorum Græcorum et Romanorum Locis Emendandis Explicandisve. Wien 1877
- Das Gesetz der Trochäischen Wortformen im Dactylischen, Hexameter und Pentameter der Griechen vom 7. Jh. v. Chr. bis zum Untergang der griechischen Poesie. Wien 1878
- Das Princip der Silbenwägung und die daraus entspringenden Gesetze der Endsilben in der griechischen Poesie. Wien 1879
- Die Gesetze der Wortstellung im Pentameter des Ovid. Leipzig 1894
- Philologie und Naturwissenschaft (Rektoratsrede). Czernowitz 1898
Quellen:
- Adolf König: Geschichte der J.N.A.V. Hasmonäa in Czernowitz. In: Hugo Gold (Hg.): Geschichte der Juden aus der Bukowina. Bd. 1. Tel-Avviv 1958, S. 113-115